Geht Energiewende mit einer Wärmepumpe im teilsanierten Altbau?

Ja, es geht!

Das Zauberformel lautet Sektorenkopplung über ein HEMS (Haus Energiemanagement System) bei Maximierung des Eigenverbrauchs

Die Sektoren sind Hausstromverbrauch, Wärme & Mobilität, die durch intelligente Vernetzung optimiert gekoppelt sind

Aktuelle Verbrauchswerte:

Historische Verbrauchswerte des Jahres 2023 gibt es hier

Objektbeschreibung

  • Doppelhaushälfte Baujahr 1928
  • Fenster im EG und OG wurden 2003 erneuert (2fach Verglasung )
  • Dachfenster wurden 2021 erneuert
  • Das Dach wurde 2022 erneuert und gedämmt (Zwischen- und Aufsparrendämmung) und mit Photovoltaik bestückt
  • KEINE Vorwand-Dämmung (Mauerwerk 50 cm ohne Innen-Isolierung)
  • KEINE Fußbodenheizung (nur klassische Heizkörper)
  • Warmwasser wird ebenfalls über die Wärmepumpe erzeugt
  • Vermietete Einliegerwohnung im Dachgeschoss läuft über Mieterstrommodell (Strom ist in der Warmmiete enthalten)
  • alle Details zum Objekt siehe unten

PV Anlage, Wechselrichter & Batterie

  • 13,5 kWp PV Anlage wurde im Frühjahr 2023 installiert, Ausrichtungen der Module auf Nord – West und Südseite des Dachs (33 Module – 64 m² – Dachneigung ca. 45°, Sharp NU-JC410  410Wp Halbzelle mono Weißglas)
  • Das HEMS (Haus Energie Management System) ist ein Hauskraftwerk der Firma E3DC (Tochter von Hager Energies) mit der Modellbezeichnung S10 X Compact
  • Batterie mit 9,75 kW und der Wechselrichter ist in das Hauskraftwerk integriert

Wärmepumpe (DAIKIN Altherma 3 H HT; 12,73 kW mit 9kW Heizstab)

  • Anfang Juni 2023 wurde die Wärmepumpe für Warmwasser in Betrieb genommen
  • Heizbestrieb seit 6.10.2023 / 18.09.2024
  • Nach einigem justieren (die initiale Vorlauftemperatur war bei 55°, aktuell ist die Vorlauftemperatur bei 45° Grad) sind die Räume nicht mehr zu warm , sondern haben die ‚richtige‘ Temperatur (Wohnräume 21°, Bäder 24° Grad)
  • Die vom Hersteller prognostizierte SCOP (saisonale Jahresarbeitszahl) der Wärmepumpe soll bei 3,98 liegen
  • Stand November 2024 sieht es so aus, dass (anstatt des ursprünglich prognostizierten jährlichen Verbrauchs von 9.140 kWh für die Erzeugung der erforderlichen Heizlast von 28.700 kWh) der Stromverbrauch geringer ausfallen wird. Aktuell wird von einem Stromverbrauch von ca. 7.200 kWh gerechnet, was einer Jahresarbeitszahl von knapp über 4 entsprechen würde (diese ist jedoch erst Ende 2024 nach einem Kalenderjahr durchgängigen Betrieb ermittelbar)

Energieeffizienzklasse

Stromernte & -verbrauch

Bei der Heizungsauswahl ist der Wirkungsgrad der erforderlichen Energie im Verhältnis zur eingesetzten Energie entscheidend. Wird Warmwasser bzw. Heizung über einen Heizstab / eine Heizsonde erzeugt, ist das Verhältnis 1:1, d. h. 1 kW Energie erzeugt maximal 1 kW Heizleistung. Bei einer Wärmepumpe ist das Verhältnis signifikant besser, i.d.R. 1:3. oder besser. D. h. für eine zu erzeugende Heizlast von 3 kW wird nur ca. 1 kW Energie benötigt (d. h. es muss nur 1/3 der Energie erzeugt oder gekauft werden).

Die Luft-Wasser Wärmepumpe wurde über die SG Ready (Smart Grid Ready) Schnittstelle an ein E3DC S10 X Compact Hauskraftwerk angebunden (falls PV Überschussstrom vorhanden sein sollte, wird die Wärmepumpe vom Hauskraftwerk angetriggert, den 1.000 Liter Pufferspeicher für die Nacht zu laden).

Wallbox

  • Um die korrekte Abrechnung der geladenen Energie zu ermöglichen, wurde eine 22 kW MENNEKES AMTROX Xtra Premium Wallbox verbaut (die Abrechnung des eigenen sowie 1-2 Elektrofahrzeuge der Nachbarn erfolgt über einen RFID Chip)

Zielbild umgesetzt:

Tipp: Wärmepumpe vorab testen!

Man kann/soll übrigens vorab testen, ob eine Wärmepumpe funktioniert: Im Winter die Vorlauftemperatur einer bestehenden Gas oder Ölheizung auf 50 oder 55 Grad absenken, und schauen ob die Bude über Winter warm wird (bei uns mussten in zwei Räumen Heizkörper des Typ 22 durch Typ 33 ersetzt werden). Es gibt auch Wärmepumpen die bis zu 70 Grad Vorlauftemperatur erzeugen (wie unsere), aber bei diesen hohen Vorlauftemperaturen nicht effizient laufen (Jahresarbeitszahl über 3 sollte angestrebt werden, das geht i.d.R. nur mit einer Wasser/Wasser Wärmepumpe oder Vorlauftemperaturen <= 50 Grad).

E-Fahrzeug

Sehr schöner Nebeneffekt durch PV/Speicher: Trotz eines Elektroautos (aktuell VOLVO C40 Recharge) ist durch Reduzierung der Ladeleistung der Wallbox von möglichen 22 kW Ladeleistung auf 8 kW, die dann – in den 8-9 Sonnenmonaten – direkt vom Dach und aus dem Batteriespeicher komme, es ist nur ein minimaler bzw. kein Netzbezug erforderlich (Überschussladen).

Durch bidirektionales laden des Elektroautos (V2H = Vehicle 2 Home) kann der 9 kW Speicher des Hauskraftwerks um Anteile des Batteriespeichers des Elektrofahrzeugs erweitert werden.

Einzelne Fahrzeughersteller unterstützen dies bereits V2H (für unseren ‚alten‘ VW ID.4 kam diese Möglichkeit z. Bsp. per OTA (over the air) Softwareupdate von VW im Oktober 2023).

Welche Fahrzeuge die V2* Standards unterstützen, kann z. Bsp. beim e-mobileo.de nachgelesen werden.

Strompreisentwicklung

Variable Stromtarife

Durch die letzten beiden Punkte wird weniger zu unlukrativen Konditionen ins Netz eingespeist, sondern möglichst viel im Haus selbst verbraucht.

Es kann bzw. sollte auch ein variabler Stromtarif für die Lastverschiebung/Kostenoptimierung genutzt werden (z. Bsp. TIBBER oder AWATAR), erforderlich hierfür ist entweder ein digitaler Zweirichtungszähler oder ein Smart Meter (die alten analogen Ferraris Zähler mit der Drehscheibe gehen damit aber nicht).

Die variablen Stromtarife werden am Spotmarkt der Strombörse Leipzig täglich um 13 Uhr für den Folgetag festgelegt (Day Ahead Preise), und liegen i.d.R. deutlich unter den fixen Stromtarifen.
Zu den Day Ahead Preisen kommen noch die lokalen zusätzlichen Kosten (Netzentgelte, Steuern, Gebühren und Abgaben) je kWh hinzu.

Beispiel Tibber vom 10.07.2024:
Day Ahead Preisen: 8 Cent/kWh
zzgl. zusätzlichen Kosten 20 Cent/kWh
Variabler Strompreis = 28 Cent/kWh

Das Hauskraftwerk hat seit Juni 2024 die Möglichkeit, auf dem Strom Spotmarkt (EPEX/SPOT) mit Day Ahead Preisfixing zu Zeiten mit geringen Preisen automatisiert Strom zuzukaufen (und so auch den PV Speicher/das Elektroauto aufzuladen, wenn im Winter weniger Sonne scheint und die Tage kürzer sind).

Rechnet sich das Ganze?

Auf jeden Fall: Die Gesamtenergiekosten (Strom, Wärme) - ohne Betrachtung der Wallbox - konnten um ca. 78% reduziert werden.
Wird die Betrachtung der Wallbox und drei tankenden E-Autos (ein eigenes & zwei Fahrzeuge von Nachbarn) mit einbezogen, reduzieren sich die Gesamtenergiekosten (Strom, Wärme, Mobilität) sogar um ca. 100% (!)

Der ROI (Return on Investment) für die PV und Speicher liegt bei knapp unter 13 Jahren.

Die endgültigen Werte werden Anfang Januar 2025 nach einem vollständigen Kalenderjahr veröffentlicht (daher handelt es sich bei den nachfolgenden Zahlen um vorläufige Werte um eine Hochrechnung auf Gesamtjahr 2024):

Ausblick & weitere Optimierungsmöglichkeiten

Sobald vom Gesetzgeber regulatorisch erlaubt (vermutlich ab Mitte 2025), kann nicht nur V2H (vehicle to home, d. h. vom Fahrzeug ins Hausnetz) sondern auf netzdienliches V2G umgesetzt werden (vehicle to grid, d.h. vom Fahrzeug ins Stromnetz).